Basiswissen
Die Trigeminusneuralgie zeichnet sich durch kurze, Sekunden anhaltende einschießende extrem heftige Schmerzparoxysmen aus, die spontan oder reizgetriggert durch Sprechen, Zähneputzen, Kauen, Schlucken auftreten. Am häufigsten sind der 2. und 3. Ast, häufig in Kombination, betroffen. Die klassische Trigeminusneuralgie ist eine Erkrankung des höheren und hohen Lebensalters. Bei jüngeren Patienten und Auftreten einer Neuralgie im 1. Trigeminusast ist an eine symptomatische Genese der Neuralgie zum Beispiel im Rahmen einer multiplen Sklerose oder bei einer Raumforderung zu denken.
Schwer lokalisierbare leichtere ziehende anhaltende Schmerzen können bei einer Vielzahl von Pathologien im Bereich des Gesichtsschädels auftreten. Lässt sich keine Erklärung im zahnärztlichen, Hals-Nasen-Ohren-ärztlichen und kieferchirurgischen Fachgebiet nachweisen, liegt meist ein idiopathischer anhaltender Gesichtsschmerz vor, der früher in Abgrenzung von der typischen Beschwerdesymptomatik der Trigeminusneuralgie als atypischer Gesichtsschmerz bezeichnet wurde. Primär gehört neben der ausführlichen Anamnese sowie neurologischer Untersuchung eine MRT Untersuchung zur Diagnostik, um eine sekundäre Trigeminusneuralgie auszuschließen.
Carbamazepin und Oxcarbazepin sind die Mittel der 1. Wahl bei einer Trigeminusneuralgie. Sie sind allerdings gerade bei älteren Patienten oft schlecht verträglich. In ihrer Wirkung sind sie in aller Regel den Alternativen der 2. Wahl wie Pregabalin oder Gabapentin deutlich überlegen. Weitere wichtige Medikamente der 2. Wahl sind Lamotrigin, OnabotulinumtoxinA und Baclofen, Lidocain intranasal/intraoral und Topiramat (alle off-label). Durch langsames Eindosieren können Nebenwirkungen minimiert werden. Bei unzureichender Wirksamkeit ist häufig eine Kombinationstherapie mit Mitteln der 2. Wahl notwendig. Bei akuter Exazerbation ist zusätzlich zur prophylaktischen Therapie mit bspw. Carbamazepin eine Therapie mit Phenytoin (zugelassen für diese Indikation) notwendig. aber auch Lidocain intranasal/intraoral, Sumatriptan s.c. oder intranasal oder Pimozid (2. Wahl und off label).
Das ist zu beachten
Neben Allergien, Blutbildveränderungen und einem Anstieg der Leberwerte gehört eine Hyponatriämie zu den häufigen laborchemischen Veränderungen unter der Behandlung mit Carbamazepin und ganz besonders unter Oxcarbazepin. Deswegen sind unter der Behandlung mit diesen Medikamenten regelmäßige Laborkontrollen durchzuführen. Aufgrund dieser und anderer Nebenwirkungen (Stand- und Gangunsicherheit mit Fallneigung, Müdigkeit, Benommenheit) wird häufig zur Behandlung der Trigeminusneuralgie Pregabalin oder Gabapentin eingesetzt. Pregabalin und Gabapentin sind zwar besser verträglich, aber deutlich schlechter wirksam als die Mittel der 1. Wahl Carbamazepin und Oxcarbazepin. Oxcarbazepin besitzt eine vergleichbare Wirkung wie Carbamazepin, ist jedoch in Deutschland und Österreich nicht zugelassen für die Therapie der Trigeminusneuralgie (off-label).
Empfehlungen für Ärzte
Die Trigeminusneuralgie ist anhand ihrer charakteristischen Symptomatik leicht zu diagnostizieren, eine radiologische Untersuchung sollte dennoch zusätzlich erfolgen. Sie erfordert spezifische Therapiemaßnahmen, da normale periphere und zentrale Analgetika bei diesen Schmerzen nicht wirken. Medikamente der 1. Wahl sind Carbamazepin oder Oxcarbazepin (off label), die nach Möglichkeit einschleichend eindosiert werden sollten und regelmäßige Kontrollen von Blutbild, Elektrolyten und Leberwerten erfordern. Vor allem bei Carbamazepin ist auch noch die enzyminduzierende Wirkung in der Leber zu berücksichtigen. Bei fortgeschrittenen Erkrankungen mit zunehmend schlechterem Ansprechen auf Medikamente sollten operative Behandlungsverfahren (Mikrovaskuläre Dekompression nach Janetta, Thermokoagulation nach Sweet) eingesetzt werden.